„Mindestlohn und Leiharbeit“

Veröffentlicht am 09.07.2008 in Politik

Unter diesem Thema führte der SPD-Kreisverband Ludwigsburg im Juni in Steinheim/Murr eine Fachkonferenz durch.

Udo Lutz (Afa-Landesvorsitzender) und Herbert Hilger (Südwestmetall Stuttgart) führten mit Kurzreferaten in das Thema ein.

Leiharbeit floriert
Immer mehr Menschen sind als Zeitarbeiter/innen beschäftigt. Im Zeitraum 2003 bis 2008 hat sich die Zahl verdoppelt. Laut IG Metall sind es derzeit 900 000. Betroffen sind vor allem Arbeitskräfte, die einfache Tätigkeiten verrichten. Doch was vor über 30 Jahren sinnvoll erschien, ist heute zum Problem geworden:

Das „Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung“ (AÜG) - so heißt das Zeitarbeitsgesetz richtig - 1972 geschaffen, um die zeitlich befristete Einstellung von Arbeitnehmern zur Abdeckung von Auftragsspitzen zu ermöglichen, findet in zunehmendem Maße missbräuchliche Anwendung:

  • Immer häufiger werden reguläre Arbeitsplätze abgebaut und durch Zeitarbeitsplätze ersetzt.
  • Zeitarbeitskräfte, auch Leiharbeiter genannt, erhalten bis zu 40 % weniger Lohn als die tariflich bezahlten Stammkräfte . Das eingesparte Geld teilen sich Leiharbeitsfirma und Arbeitgeber auf.

Forderungen der Fachkonferenz
„Das AÜG muss nicht abgeschafft werden, jedoch bedarf es dringender Korrekturen“:
1. Es müssen Mindestlöhne eingeführt werden, um das „Lohndumping“ einzuschränken.

2. Die Leiharbeit ist zeitlich zu begrenzen.

3. Die SPD, Traditionspartei der Arbeitnehmer, muss das Thema „Niedriglöhne“ gesellschaftlich im Grundsatz diskutieren: Prekäre Arbeitsverhältnisse und Aushebelung von Arbeitnehmerrechten können kein Leitbild unserer Gesellschaft sein. Schließlich verstößt die Ungleichbehandlung von Beschäftigten gegen das Allgemeine Menschenrecht von 1948: „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.

Gespräch mit Betroffenen
Nach Presseberichten und nach Auffassung der IG Metall spielte das Thema „Ersatz von Stammarbeitsplätzen durch Leiharbeit“ in diesem Frühjahr in der Asperger Firma Gärtner und Klinger eine gravierende Rolle. Zehn Arbeiterinnen war gekündigt worden.

Der Vorstand des SPD-Ortsvereins lud zwei Betriebsräte der Firma ein, um sich zu informieren. Betriebsratsvorsitzender Akbayin und sein Stellvertreter Aslander berichteten, dass in ihrer Firma, insbesondere in der Tochterfirma Gärtner+Klinger AST, in den vergangenen Jahren immer mehr Leiharbeitsplätze eingerichtet wurden. Derzeit stehen etwa 110 Stammbeschäftigten ca. 50 Leiharbeiter/innen gegenüber, Tendenz zunehmend. Die Zeitarbeiter seien nicht bei Gärtner und Klinger angestellt, sondern bei einer „Fremdfirma“. Die Leiharbeiter verrichteten die gleiche Arbeit, benutzten dieselben Maschinen und Geräte, verdienten jedoch deutlich weniger. Die beiden Betriebsräte finden diese Entwicklung ungerecht und bedrohlich zugleich – bedrohlich für die Betroffenen, aber auch bedrohlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deshalb hätte ihre Gewerkschaft vor dem Ludwigsburger Arbeitsgericht geklagt, mit Erfolg: Fünf Kündigungen mussten zurückgenommen werden, drei Fälle sind noch zu verhandeln. (Zwei Arbeiterinnen haben einer Aufhebungsvereinbarung zugestimmt.)